27. Juni 2016

„Öko“ und „Folienverpackung“ – nur scheinbar ein Widerspruch

Eine Verkaufsverpackung aus Plastik-Folie dient nicht nur dem sicheren Transport, sondern soll das Produkt auch möglichst ansprechend präsentieren. In dieser Hinsicht haben Kunststoffverpackungen die Nase im Rennen mit Papier und Karton ganz klar vorn; in Sachen Umweltschutz haben sie aber (zu Unrecht) ein eher negatives Image.

Biofolien aus nachwachsenden, organischen Rohstoffe sind daher die große Zukunftshoffnung der Verpackungsbranche. Materialentwicklung und Technologien schreiten rasch voran – ein guter Anlass, um mich mit dem aktuellen Stand und der Ökobilanz von Biokunststoffen auseinanderzusetzen.

CO2-Äquivalent und Rohstoffe als Gradmesser für Umweltverträglichkeit

Die ökologische Verträglichkeit einer Verpackung hängt von mehreren Faktoren ab: Neben den verwendeten Rohstoffen spielen auch

  • Energieaufwand für die Produktion
  • Länge der Transportwege
  • Recyclingfähigkeit und -quote des Materials

eine entscheidende Rolle bei der Einstufung der Verpackung als „ökologisch vorteilhaft“. Lange galt dabei das Credo: Papier bzw. Karton sind die umweltfreundlicheren Alternativen zur Kunststofffolie. Dass dies nicht pauschal stimmt, haben mittlerweile mehrere Studien erwiesen, die u.a. auch das Transportgewicht und das CO2-Äquivalent beider Verpackungsarten vergleichen (so geschehen etwa an der Uni Würzburg).

Zum Vergleich werden dabei in der Regel „herkömmlich“ produzierte Kunststoffe herangezogen, bei denen die Punkte Nachhaltigkeit und Abbaubarkeit negativ ins Gewicht fallen. Für den Vergleich mit Biokunststoffen gibt es bislang leider keine tragfähigen Studienergebnisse – obwohl sich gerade in den beiden genannten Punkten die Wertung deutlich verschiebt.

„Biokunststoff“ – ein schwammiger Begriff

Da die Begriffe „Biokunststoff“ und „Biofolie“ gesetzlich nicht geschützt sind, werden sie von den Herstellern unterschiedlich verwendet. In seiner 2009 erschienenen Publikation „Biologisch abbaubare Kunststoffe“ teilt das Umweltbundesamt Biokunststoffe in drei Kategorien ein:

  • nicht abbaubar (z.B. naturfaserverstärkte Kunststoffe)
  • abbaubar aus nachwachsenden Rohstoffen
  • abbaubar aus fossilen Rohstoffen (z.B. Polyester).

Weder die Rohstoffbasis noch die Abbaubarkeit allein ist demnach ausschlaggebend, was den Begriff schwammig macht. Mittlerweile hat sich die Definition durchgesetzt, der zufolge Biofolien aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen und sich nach der Verwendung wieder in den natürlichen Kreislauf einfügen.

Thermoplastische Stärke ersetzt Erdöl

Nach gängiger Auffassung werden heute also Kunststoffe auf Erdöl-Basis nicht mehr zu den Biokunststoffen gezählt; vielmehr versteht man darunter Werkstoffe, die (ganz oder großteils) aus Biopolymeren bestehen. Diese werden aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt – und davon profitiert nicht nur die Umwelt: Langfristig werden dadurch die Materialpreise vom verknappenden Öl entkoppelt (und auch die Entsorgungskosten sinken).

Herstellung und Verwendung von Biofolien

Die technische Entwicklung von Biokunststoffen ist in den vergangenen Jahren rasant fortgeschritten: Neben neuen Materialien wie z.B. PHS, PLA, Zellulose und thermoplastischer Stärke wurde eine Reihe von Verarbeitungsmethoden entwickelt. So können Biokunststoffe heute zu

  • (Mehrschicht-)Folien extrudiert
  • Flachfolien verarbeitet
  • Verpackungschips aufgeschäumt

werden; das Tiefziehen ist ebenso möglich wie die Thermoverformung. Schweißen, spritzen, kleben, bedrucken: Für die Weiterverarbeitung bieten sich beinahe dieselben Möglichkeiten wie bei konventioneller Kunststofffolie. Zugegebenermaßen können es Folieneigenschaften und -qualitäten noch nicht mit herkömmlichen, aus Erdöl hergestellten Verpackungsfolien aufnehmen – für die Zukunft verspricht sich die Branche hier aber großes Potential.

Schon heute werden „Öko-Folienverpackungen“ verstärkt im Kosmetik- und Lebensmittelbereich eingesetzt: Joghurtbecher, Lebensmittelschalen, Blisterverpackungen, Tragetaschen sind bereits etabliert. Auch kompostierbare Versandverpackungen in Form von

  • Luftposterfolien
  • Etiketten
  • Versandtaschen

sind seit einiger Zeit auf dem Markt. Beim Verbraucher genießen diese umweltfreundlichen Verpackungen ein äußerst positives Image; das Branchenportal bio-plastics.org bringt die Vorteile auf den Punkt:

„Verbundverpackungen aus Papier oder Karton mit Biokunststoffbeschichtungen bilden eine neue Generation von Verpackungen mit kompostierbaren Eigenschaften und ermöglichen eine Verwertung ohne komplizierte und aufwendige Trennungsverfahren.“

Schrumpf- und Stretchfolien auf Biobasis

Zwar sind bereits erste Schrumpf- und Stretchfolien aus Bio-Kunststoffen auf dem Markt, allerdings steckt die Entwicklung noch in den Kinderschuhen. Je nach Einsatzzweck werden für Stretchfolien Bio-PE und PBAT-Mischungen verwendet, für Schrumpffolien

  • Bio-PET und -PE
  • PBAT-, PLA- sowie PHA-Mischungen,

abhängig vom jeweiligen Einsatzgebiet. Sie lassen sich mit fast allen bekannten Techniken und Verpackungsmaschinen verarbeiten; da ihre Eigenschaften jedoch noch nicht an Kunststofffolien auf Mineralölbasis (wie z.B. das hochwertige Polyolefin) heranreichen, sind sie aus meiner Sicht (zumindest vorerst noch) nicht in jedem Fall eine geeignete Alternative.

Überzeugende Folien dringend gesucht

Auch wenn umweltfreundliches Verpacken für mich eines der wichtigsten Zukunftsthemen unserer Branche ist: Bislang habe ich noch keine Biofolie in unser festes Sortiment aufgenommen, auch wenn unsere Kunden zunehmend danach fragen. Aktuell suche ich für jeden Einsatzbereich ganz individuell nach zweckmäßigen Lösungen – ganz einfach aus dem Grund, dass ich noch kein überzeugendes Produkt gefunden habe, das unseren hohen Anforderungen an die Folienqualität genügt.

Unsere Verpackungslösungen so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten, steht ganz oben auf meiner To do-Liste. Sollten Sie also Biofolien herstellen (oder einen Hersteller kennen), rufen Sie mich an oder schreiben Sie mir eine Nachricht – ich bin sehr an der Vorstellung Ihrer Produkte interessiert!

Herzliche Grüße aus Landsberg am Lech,

Ihr Mathias Weileder